Lilly gehört dazu!
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Autor: Irmgard Partmann
Illustrator: Laura Bednarski
Preis: 15,00 €
Altersempfehlung: 5 – 7 Jahre
Seitenanzahl: 32
Verlag: Coppenrath
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Inhalt (Coppenrath Website):
„Lilly kann nicht schnell laufen. Sie kann nicht auf Bäume klettern und auch noch nicht so gut sprechen. Aber Lilly lacht, wenn sie hoch bis zum Himmel schaukelt. Sie malt mit den Fingern wunderschöne bunte Bilder und sie strahlt, wenn die Sonne scheint. Manchmal ist Lilly auch etwas langsam – aber ich lasse mir selbst gern Zeit. Und manchmal ist sie bockig – so wie ich. Lilly ist meine Schwester und ich habe sie lieb …“ Unbefangen und herzerwärmend erzählt Irmgard Partmann von der kleinen Lilly mit dem Downsyndrom und ihrer großen Schwester und macht deutlich, dass Liebe nichts mit Können oder Leistung zu tun hat. Lilly steht stellvertretend für andere Kinder mit geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung. Sie haben alle einen festen Platz in dieser Welt – in ihrer Familie, bei jedem von uns. Das Bilderbuch eignet sich zum Vorlesen für Kinder ab 5 Jahren. Das Cover ist ausgestattet mit einem Leinenrücken und Spotlack.
Meine Meinung:
Als ich die Presseinformation zu ,,Lilly gehört dazu!“ gelesen hatte, musste ich das Buch unbedingt in den Händen halten. Da mein Bruder Sonderpädagogik studiert hat und auch bereits früher mit Menschen mit Handicap gearbeitet hat, habe ich das eine oder andere aufgeschnappt.
In meiner Schulzeit hatte ich über Schulkameraden auch Kontakt zu Geschwistern mit Entwicklungsstörungen. Mir liegt die Förderung und Arbeit mit geistig und körperlich Beeinträchtigten sehr am Herzen.
Zwischen Schule und Ausbildung habe ich die Betreuung auf einem Ponyhof übernommen. Dort wollte auch gerne ein Mädchen mit Downsyndrom am Tagesprogramm teilnehmen. Ich verstand überhaupt nicht, warum die anderen Betreuer dort sich weigern wollten, das Mädchen in ihre Gruppe aufzunehmen. Auch einige Kinder dort fragten, was mit dem Mädchen nicht stimmen würde… Dieses Buch könnte in Zukunft für solche Gespräche einen guten Einstieg bilden, dachte ich.
Leider war ich nach der Sichtung des Buches sehr enttäuscht. Aber kommen wir kurz zu den positiven Dingen: Die Bilder im Buch sind sehr farbenfroh und wunderschön gezeichnet. Der Leinenrücken des Buches gefiel mir sehr durch die unterschiedliche Haptik im Vergleich zu anderen Werken. Generell muss ich auch sagen, dass ich die Verarbeitung von bestimmten Themen in Büchern sehr wichtig finde. In dieser Reihe des Coppenrath Verlags gibt es bspw. auch noch die Thematik Depression und Tod. In diese habe ich einmal hineingeschaut, da ich sie beim Arzt im Wartezimmer entdeckte. Die gefielen mir von der Aufmachung und Umsetzung wirklich sehr. Vielleicht hatte ich dadurch zu hohe Erwartungen an ,,Lilly gehört dazu!“.
Da mich der Blick ins Buch enttäuschte, wollte ich schauen, ob es nur mir so ging und besprach das Buch auch mit meinem Bruder, der zufällig gerade zu Besuch war. Er kam allerdings leider auf die gleichen Aussagen, wie ich bereits zuvor.
Der Coppenrath Verlag wirbt damit, dass diese Bücher Kindern schwierige Themen auf behutsame Art und Weise vermitteln und ihnen zeigen, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine sind. Dies sehen wir bei diesem Buch allerdings nicht gegeben.
Unserer Meinung nach kann dieses Buch höchstens als sehr oberflächlicher Einstieg in das Thema bspw. im Rahmen von Schulunterricht genutzt werden. Inhaltlich thematisiert das Buch durchaus das Anderssein. Aber es ist absolut nicht Downsyndrom-spezifisch.
Es wird angesprochen, dass Lilly nicht schnell laufen kann, ihren Namen nicht schreiben kann oder auf Bäume klettern. All das hat in dieser Ausmachung aber nicht zwingend etwas mit dem Downsyndrom zu tun. Um dies festzumachen, müsste irgendwo im Buch erwähnt werden, wie alt Lilly ist. Ist sie jünger als ihre Schwester? Ist sie älter? Denn natürlich würde es einen Unterschied machen, wenn Lilly die ältere der beiden Schwestern wäre. Dann könnte man ihre ,,Probleme“ auf die Entwicklungsverzögerung zurückführen.
Ganz am Ende des Buches sind Fotos gezeichnet, auf denen zu sehen ist, dass Lilly die Jüngere der beiden ist. Was die eben erläuterte Problematik noch schwerer macht.
Das Thema Inklusion, das auf dem Buch mit einem roten Aufkleber beworben wird, wird hier überhaupt nicht thematisiert. Es wird angesprochen, dass die Eltern und die Schwester Lilly lieben und sie akzeptieren, wie sie sind. Aber das hat nichts mit Inklusion zu tun. Fremde Kinder oder Erwachsene kommen im Buch überhaupt nicht vor. Das Cover ließ mich so etwas aber durchaus vermuten, da es dort so aussieht, als wären Lilly und ihre Schwester auf dem Spielplatz.
Das Buch erklärt tatsächlich kindgerecht, dass es in Ordnung und normal ist ,,anders“ zu sein. Aber mit Downsyndrom an sich hat es für uns nicht viel gemein. Im Klappentext wird erneut erwähnt, dass Kinder mit geistiger und körperlicher Beeinträchtigung und die soziale Behinderung, die sie im Alltag erfahren, alle einen festen Platz in dieser Welt haben – nicht nur in ihrer Familie, sondern auch bei jedem von uns. Dem möchte ich nicht widersprechen, nur wird dies halt einfach nicht in diesem Buch thematisiert und angesprochen.
Ich möchte die Autorin nicht angreifen, aber generell wirkt es hier auf uns so, als hätte man sich nicht vernünftig damit auseinandergesetzt, was das Downsyndrom genau bedeutet.
Auch die Altersempfehlung machte uns etwas stutzig. Hier werden Kinder glaube ich sehr unterschätzt. Wenn das Buch thematisch dichter am Downsyndrom wäre, hätte ich die Empfehlung gut gefunden, allerdings wird das Buch so oberflächlich behandelt, dass es durchaus schon jüngere Leser haben könnte. Denn die Thematik vom Anderssein, ist durchaus bereits im Kindergarten ein wichtiges Thema.
Unser Fazit lautet dementsprechend:
Ein sehr schönes farbenprächtig, gestaltetes Buch, das leider inhaltlich nicht das hält, was es außen verspricht. Doch es kann einen wirklich guten Einstieg für ein viel, viel tiefergehendes Gespräch bieten.
Thematisch geht es mehr ums Anderssein, als um das hier angesprochene Downsyndrom.