Biographie,  Gegen das Vergessen

Meine Nachmittage mit Eva – Über leben nach Auschwitz

Gegen das Vergessen Rezension



Autor: Bärbel Schäfer
Preis: 19,99 €
Seitenanzahl: 224
Verlag: Gütersloher Verlagshaus
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»Ich sehe ihre Nummer am Unterarm und möchte weinen.« (Bärbel Schäfer)
















Inhalt: 

Zwei Frauen, zwei Generationen, zwei Erfahrungswelten: Bärbel Schäfer und die 85-jährige Eva Szepesi. Eva trägt eine tätowierte Nummer auf dem Unterarm. Sie war erst elf Jahre alt, als sie allein vor den Nazis fliehen musste und schließlich nach Auschwitz gebracht wurde … Jeden Mittwoch besucht Bärbel Schäfer ihre Freundin, und die beiden sprechen über Gewalt, Schrecken und Angst, aber auch über Freundschaft, Toleranz, Geborgenheit und Respekt. Es geht in diesem Buch um eine der letzten Überlebenden eines Konzentrationslagers. Bärbel Schäfer gelingt es auf empathische Weise und literarisch brillant, ihre eigene Lebensgeschichte vor den Erzählungen Evas zu spiegeln und damit ihre erschütternden Erfahrungen ins Heute zu holen.

Meine Gefühlte Lesewelt: 


Wir werden hier mit einer Sprache umschmeichelt, die im starken Kontrast zu den Schrecken und Gedanken steht, die sich zwischen den Seiten befinden. Metaphorisch und weich berichtet Bärbel Schäfer von ihren eigenen Gedanken und Evas Erfahrungen. Dieser Gegensatz erscheint einem so unpassend und doch macht grade er deutlich, dass wir selbst niemals das fühlen können, was Eva als 11-jähriges Mädchen fühlte…

Eva ist das Mädchen, das ohne Familie die Hölle überlebte. 
– Seite 25

Auch werden wir nie nachempfinden können, was sie heute denkt und fühlt, wenn sie an diese Zeit zurückdenkt. Wir wissen nicht, wie sich der Schmerz im Herzen der 85-jährigen Frau anfühlt, die hier auf der anderen Seite des Buches auf uns wartet.

„[…] Ich bin das Kind, das immer stark sein musste. Dabei war ich nie stark. Ich war lange eine Träumerin, eher zart und schüchtern. Ich wurde erst stark in Auschwitz. Ich musste stark werden durch den Verlust der Liebe.“  (Eva Szepesi)
– Seite 49 


„Dort habe ich alles verloren. Für diesen Verlust gibt es kein Fundbüro. Meine Kindheit. Meine Würde. 
Mein Menschsein. 
Mein Leben. 
Mein Urvertrauen in Menschen.“ (Eva Szepesi)
– Seite 43

Und doch bricht der Schmerz immer mal wieder durch und brennt sich in unsere Herzen. Doch durch die Vermischung, die Vergleiche die Bärbel Schäfer zu ihrem Leben, ihren Verwandten zieht, brechen diese erdrückenden Gefühle in sich zusammen.
Jedes Mal, wenn man gespannt an Evas Lippen hängt, darauf wartet, ja innerlich drängt, weiter zu berichten, haut die Autorin hier dazwischen.
Die Ausführungen von Bärbel sind zwar sehr interessant, doch für mich waren sie zu massiv. Eva ging schon fast ein wenig unter, fand ich. Sie rückte etwas sehr  in den Hintergrund…

Ich drehte die Schachtel in meiner Hand. 
Das hier war echt. Kein Geschichtsbuch. 
Das war nah, und das tat weh. 
Das war meine Familie. 
Jetzt waren es nicht mehr die anderen. 
– Seite 19

Natürlich ist die Betrachtungsweise der Autorin durchaus interessant und auch das was sie berichtet, doch mir geht es hier im ersten Sinne doch um Eva, weshalb ich mit dem Buch in dieser Form leider nicht wirklich warm werden konnte. Und das trotz der wirklich tollen sprachlichen Umgebung zwischen den Wörtern.

Und doch liefert uns Eva ehrliche und wahre Worte. Gefühle, die wir nur bruchstückhaft erfassen können.
Bärbel zeigt uns ihre Welt, ihren Umgang mit dem „Vergessen“ der älteren Generation.
Beide zeigen uns, dass nicht alles selbstverständlich ist…

„War der Schnee auch mal dein Freund, Eva?“ 
„Nur am Tag der Befreiung. Wie in Zeitlupe sehe ich noch heute, wie mich der Soldat in das Wintersonnenlicht trug. Zurück ins Leben. Zwischen Leben und Tod. Leicht wie eine Feder. Damals hat er mir Schnee unter die Nase gehalten, ich habe ihn vorsichtig gegessen.“
– Seite 37