Zurück in das Land, das uns töten wollte
Reise gegen das Vergessen
Alisa Weil, geb. als Angelika Levin am 04. Februar 1931 |
Anita Lippert, geb. als Anita Rosel Fried am 05.Mai 1931 |
Dr. Alice Ilian-Botan, geb. als Alice Braunstein am 20.Juni 1924 |
Eva Fröhlich, geb. als Eva Beutler am 15.Juni 1922 |
Nur vier der 16 Gesichter hinter denen leidvolle Lebensgeschichten stecken… Auf die eine oder andere Art…
„Andrea von Treuenfeld verzichtet auf historische Interpretationen und gibt das Wort dem Leben, den Frauen, die vor die Fragen [der Remigration] gestellt wurden, deren Lebensläufe sie einfühlsam aufgezeichnet hat.“
– Ungefähre Wiedergabe der Meinung von Christian Berkel (die ich teile!) auf Seite 9.
Eine wirklich aufschlussreiche Lektüre… Grade wenn man liest auf wieviel Widerstand einige von diesen jüdischen Frauen auch lange Zeit nach dem 3.Reich trafen… Die deutsche Welt wollte nicht an ihre Existenz erinnert werden…
Insgesamt 16 Schicksale, die eigentlich alle aufzeigen, dass der Antisemitismus in Deutschland heute sogar fast noch stärker ist, als vor 70 Jahren…
Damals gab es Aussagen, wie „So, ihr habt eure Zeugnisse, die sind leider gut. Aber Gott sei Dank sind jetzt die letzten Juden raus aus der Schule.“ (Seite 50)
Heute lauten diese Aussagen etwas anders… Aber der Inhalt ist oft der gleiche.
Vor vielleicht 30 Jahren bekam Ruth Stadnik Goldstein zuhören, sie solle Hitler sogar dankbar sein, sonst würde sie nicht so viele Sprachen beherrschen. Schließlich sei sie nur durch ihn in so viele Länder gekommen.
Heute leben die Juden zwar nicht mehr in Ghettos, doch offen auf der Straße mit Kippa sieht man sie doch nicht… Zu gefährlich… Wenn die Tochter von Ruth Stadnik Goldstein mit ihren Kindern aus dem jüdischen Kindergarten einen Ausflug machen will, muss sie sich in Berlin mit der Polizei absprechen, da sie mit ihren Kindern Begleitschutz braucht… Und Ruth selbst sagt, sie fühle sich in ihrem jüdischen Altersheim wie im Ghetto: „Hinter einem Zaun und beschützt von der Polizei.“ (Seite 169)
Besonders traurig erscheint es mir, wenn man bedenkt, dass es Neonazis zwar nicht nur in Deutschland gibt, aber man sie hier gewähren lässt… Aufgrund der Historie erscheint dies doch fast wie ein schlechter Scherz…
Man musste damals einen Weg finden, seinem Kind zu erklären, warum die Leute es als Mischling beschimpften… Und warum das nichts schlimmes ist…
Margarete Levin erklärte ihrer Tochter Angelika dies mit einem Kuchen als Beispiel. Schließlich wäre es kein guter Kuchen, wenn man nicht viele Zutaten mischen würde…
Warum geht man da zurück nach Deutschland? Warum schweigt man nicht?
Heinz Galinski (1912-92) sagte einmal: „Ich habe nicht überlebt, um zu schweigen. Ich hab es mir im KZ versprochen, dass Hitler nicht recht haben wird. Das die Juden nicht ausgerottet sind.“ (Seite 60)
Die Eltern von Alisa Weil dachten man müsse zurückkehren nach Deutschland. Man müsse das Land wieder aufbauen, aber als eine Demokratie:
„Wenn der Spuk da mal vorüber ist, dann müssen wir alle zurück nach Deutschland. Da leben ja nur Nazis oder welche, die in den Nationalsozialismus rein geboren sind und nichts anderes kennen.“ (Seite 83)
Doch am meisten musste ich über etwas nachdenken, dass Renée Brauner sagte und damit möchte ich diesen Artikel auch abschließen:
„Und heute schließt man keine Freundschaften mehr. Weil ich mir dann immer denke, muss ja nicht sein, diese sinnlosen Diskussionen: Jeder der damals 65 Millionen Deutsche hat mindestens einem Juden geholfen, also 65 Millionen Gerettete.
Es gab aber 1933 nur 500.000 Juden in Deutschland.“(Seite 101)
Preis: 24,99 €
Seitenanzahl: 272
Verlag: Gütersloher Verlagshaus
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2 Kommentare
Buchliebhaber / Horrorfan
Das Buch muss auf meine Wunschliste. Danke für deine Besprechung….es ist schlimm, dass die Menschheit nichts gelernt hat.
LG Eva
Gisela und ihre Bücher
Liebe Ronja
Das Thema ist immer wieder aktuell. Die Bilder gehen einem ans Herz. Ich habe noch sehr viel zu lesen, aber dieses Buch kommt mir bestimmt nicht aus.
Auf meinem Reader wartet "Wenn das der Führer sähe." Kennst du das Buch? Ich bin sehr gespannt, wie sich das Buch lesen lässt.
Eine Empfehlung habe ich auch für dich: "Der Klang der Hoffnung." Ein wunderbarer Roman über den Holocaust.
Liebe Grüße, Gisela